Die Treppenverziehung kann man getrost als die „hohe Schule“ des Treppenbaus bezeichnen.

Es gibt 3 Möglichkeiten, eine Treppe „um die Ecke“ zu führen:

 symbol_eckpodest  symbol_verzogen  symbol_winders
Eckpodest verzogen geteiltes Podest

 

Am besten zu gehen ist das Eckpodest, welches allerdings viel Platz braucht. In manchen Ländern (USA, viele Teile Europas) sind in mehrere Stücke geteilte Podeste verbreitet (US: winders). Das ist bei uns aber schon wegen des Höhenunterschiedes am Handlauf nicht erlaubt, auch wenn Architekten diese Bauweise wegen der geraden Wangen mögen.

Also bleibt nur, die Treppe traditionell zu verziehen, wenn für ein Podest kein Platz ist.

Neben der rechnerischen Methode, die zudem oft nicht sehr schön geschwungene Wangen liefert, gibt es zahlreiche zeichnerische Verfahren, denen immer etwas mystisches angedichtet wird. Letztlich ist keines davon ein Naturgesetz wie z.B. das Ohm’sche Gesetz, sondern alle beruhen auf den Erfahrungen von Treppenbauern, die z.T. schon mehrere hundert Jahre tot sind. Und irgendwie scheinen alle voneinander abgeschrieben zu haben. Mit Hilfe der EDV und etwas Mathematik ist es heute möglich, die Forderung nach einem eleganten Schwung und guter Begehbarkeit unabhängig von diesen Methoden zielsicher zu lösen, dies hat aber in Normen etc. bisher keinen Einzug gehalten. Dennoch, auch diese EDV Programme wenden meist die alten Methoden in etwas modifizierter Form zur Treppenverziehung an.

Leider liefert nicht jede Methode in jeder Situation gute Ergebnisse. Und oft lassen sich diese Methoden auch nur in Standardsituationen sinnvoll anwenden. Egal, wie die Verziehung zustande kommt: man sollte immer ein wachsames Auge auf die Ergebnisse werfen und notfalls manuell einzelne Stufen drehen. Meistens stellt eine Verziehung sowieso nur einen Kompromiss zwischen guter Begehbarkeit und schönem Wangenschwung dar.

Anmerkung

Diese Verziehung wie sie bei uns in Deutschland angewandt wird, ist im Ausland nicht überall gebräuchlich und teilweise gar nicht erlaubt. Man kann sagen, je weiter man von Deutschland weg ist, desto seltener wird sie benutzt. Umgekehrt ist die andere Alternative, das mehrfach geteilte Podest, in Deutschland nicht erlaubt: man stelle sich ein quadratisches Eckpodest vor, welches man in 2 oder 3 „Kuchenstücke“ aufteilt. Diese Treppe geht man bis zur Ecke gerade, dreht sich dann bewusst um und geht gerade weiter. Sieht man oft in amerikanischen SitComs oder z.B. im Spanienurlaub. Meiner ganz persönlichen Meinung nach sehr gut zu begehen.